Tröten gegen Pfeifen

Nicht nur Red Bull und das Rote Kreuz waren auf dem Augustusplatz vor Ort, auch die örtlichen Burschenschafter wollten am 14. Oktober die Immatrikulationsfeier der Uni Leipzig zu Beginn des neuen Semesters nutzen, um neue Mitglieder für ihre rechtskonservativen Männerbünde zu werben. Da standen sie nun, mit schlechten Frisuren, deutschnationalem Gedöns und einem Frauenbild von Anno dazumal im Gepäck (siehe FA! #17), und warteten auf Abnehmer. Der Ansturm hielt sich in Grenzen.

Da es nun mal keine vernünftige Lebensperspektive bietet, ständig nur zu saufen und sich mit dem Säbel gegenseitig klaffende Wunden in die Backen zu hauen, standen auch einige Gegenaktionen auf dem Programm. So waren dem Bur­schenschaftsstand direkt gegenüber Müllcontainer zur fachgerechten Entsorgung des Werbematerials bereitgestellt. Einigen Menschen erschien diese Variante aber zu umständlich. Sie nutzten die Gelegenheit, um den Burschen erst ihre Werbezettel zu entwenden und sie anschließend mit Wasserbomben einzudecken. Die Polizei hatte nur einen von der Situation sichtlich überforderten Beamten auf dem Platz abgestellt, so dass die Täter unbehelligt entkommen konnten. Auch die von den Burschenschaftern herbeigerufene, wenig später mit mehreren Mannschaftswagen anrückende Verstärkung wusste nichts so recht mit sich anzufangen und begnügte sich damit, das Geschehen vom Rande aus zu beäugen.

Unterdessen war der Stand der Burschen­schafter schon von einigen jungen, mit Schärpen aus Baustellenabsperrband und Papiertröten ausgerüsteten Menschen umstellt worden. Selbst durch den massiven Einsatz von Konfetti gelang es freilich nicht, ein wenig Leben in die verkniff­­e­nen Mienen der Burschen zu zaubern. Auch als diese sich zum Flugblattverteilen auf dem Platz verstreuten, wurden sie – zum Schutz und zur Erheiterung der Pas­sant_innen – weiterhin von fröhlich trötenden Menschen eskortiert. Größerer Schaden konnte so erfolgreich vermieden werden. Lediglich einige Vertreter_innen des Ordnungsamtes sorgten noch für Stress und nahmen die Personalien eines jungen Mannes auf, der ohne Genehmigung Flugblätter verteilt hatte. Nach einer Stunde war das Ganze schon wieder vorbei. Die Menschenmenge drängte ins Gewandhaus, wo nun die eigentlichen Feierlichkeiten begannen, die Burschen bauten ihren Stand ab und verzogen sich. Man sieht sich dann im nächsten Jahr.

(justus)

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